Aufklärung des Kindes über seine Adoption - 
eine Hilfe für Eltern


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Erlebnis

Bericht einer Mutter

"Der Hund spitzte die Ohren und schoss mit einem freudigen Sprung quer durch die Küche. Die Hintertür sprang auf und zwei tintenbefleckte Büchertaschen wurden wie üblich auf den Küchentisch geworfen. Ihnen folgten zwei ebenfalls tintenbefleckte kleine Mädchen, die auch heute zunächst den Hund mit wilden Umarmungen begrüßten und dann mich. Aber an diesem Tag blieb Susan zurück, während ihre ältere Schwester die Treppen hinaufging. "Mutti, Caroline sagt, du kannst wahrscheinlich nicht meine richtige Mutti sein, weil ich adoptiert bin." Ich schaute meine Tochter an. Beide Arme hatte sie fest um den Hund gelegt, ein Zopf war aufgelöst, das Haarband fehlte. Zwei große Augen schauten mich an, deren Helligkeit von einer Mischung aus Angst, Vertrauen, Zweifel und Herausforderung verschleiert waren. Ihr schien in diesem Moment sicherer, den Hund zu umarmen als mich. "Dann hast du es ihnen erklärt, nicht wahr? " Ich bemühte mich, meine Stimme zärtlich und heiter klingen zu lassen. "Ja, natürlich, ich habe ihnen alles erzählt. Sie haben über die Zeit gesprochen, als sie geboren wurden. Der Vater von Caroline brachte einen großen Rosenstrauß in die Klinik, in der sie geboren wurde." Die Stille, die dann folgte, konnte von keinem von uns falsch ausgelegt werden. Ich fuhr fort, Kartoffeln zu schälen - "Ich verstehe, was haben die anderen gesagt? Über dich, meine ich?" Ich wollte Zeit gewinnen. "Ja, sie konnten es nicht richtig verstehen -aber ich glaube, sie haben Caroline zugestimmt. Sie sagt, du kannst nicht meine richtige Mutti sein."

Ich stieß den Kartoffelschäler in eine hilflose Kartoffel und innerlich verfluchte ich die vorlaute Caroline. Kein Zweifel, diese Familie vermehrte sich wie die Kaninchen, ohne auf die Bevölkerungsexplosion Rücksicht zu nehmen! Die anderen vielleicht ebenso! Sie mussten sich nicht dem Schmerz und der Frage in den Augen eines Kindes stellen. Auch nicht diese wohlmeinenden Sozialarbeiter, die verlangten, dass wir vom frühen Kindesalter an über Adoption sprechen sollten. Sie ließen es so einfach erscheinen, so vernünftig - nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste, wenn ein Kind unbefangen mit diesem Wissen aufwächst. Unsere Kinder sind doch mit dem Wissen aufgewachsen! Als sie klein waren, haben sie sogar Spiele mit dem Thema Adoption gespielt. Schritt für Schritt haben wir es ihnen im Laufe der Jahre erklärt, und es gab nichts, wovor wir uns fürchten mussten. Warum hatte ich dann jetzt Angst? War es nur die Frage in ihren Augen? Oder war es etwas Tieferes in mir, das mir mein Versagen übel nahm, keine Kinder zu bekommen? Mein Versagen als Frau? Nicht nur unfähig, diese verdammten roten Rosen zu verdienen, sondern vollkommen unwert, dieses wunderbare Kind zu haben. Dieses Mädchen, das mich Mutti nannte und dessen Recht, dies zu tun, öffentlich durch ihre Klassenkameraden in Frage gestellt wurde. Ich trocknete meine Hände und hörte auf, den aufgelösten Zopf wieder zu flechten. "Vielleicht hast du es nicht genau erklärt. Vielleicht warst du ein bisschen durcheinander? Wir können anderen Leuten nicht beibringen, was wir selbst nicht richtig verstanden haben. Welchen Teil hast du nicht verstanden ? " " Ich weiß nicht. " So gingen wir die Familiengeschichte noch einmal durch, angefangen von dem kleinen Vorfall, wo sie sich am Tag ihrer Ankunft über dem besten Anzug von Vati erbrochen hatte, bis hin zum Gerichtstermin und dem neuen Namen auf ihrer Geburtsurkunde. Aber diesmal war es wichtig für sie, diesmal musste sie es wirklich verstehen, und sie sog alles in sich hinein. Wir sprachen auch darüber, welche Aufgaben Eltern haben. Wir gingen zusammen zum Schreibtisch zurück, holten den Adoptionsbeschluss und legten ihn auf den Tisch. Da war es, nicht hinwegzuleugnen. Ich nahm die Geburtsurkunde aus der Mappe. "Da", sagte ich, "die solltest du besser in deinem Zimmer aufbewahren. Denn wenn du jemals vergessen solltest, wessen Kind du bist, kannst du den Namen selbst überprüfen." Wir lachten zusammen, umarmten und küssten uns und sie sagte: Oh Mutti, ich bin so glücklich" - und entschlüpfte fröhlich zum Spielen.

Jahre später erfuhr ich, dass die ältere Schwester von Caroline ein nichteheliches Baby hatte. Die ganze Familie beschloss, das Kind in der Familie zu behalten. Sie meinten, eine andere Lösung komme nicht in Frage. Caroline hatte unglücklicherweise daraus gelernt, Adoption als Verrat von Familienbanden anzusehen. Unser ältester Sohn musste auf der Realschule seinen Lebenslauf als Aufsatz schreiben. "Was soll ich sagen?", fragte er " Schreib, was du schreiben möchtest", sagten wir "Das ist kein historischer Bericht, es ist eine Deutschübung. " Er war sehr genau und wollte mit Ort und Zeitpunkt seiner Geburt beginnen. Ihm war wichtig, diese erste Zeit nicht auszulassen. Dies führte wieder zu der Frage: "Warum hat sie mich weggegeben?" Wir erklärten die Tatsache noch einmal. Nun konnte er akzeptieren, dass seine Mutter ohne familiäre und finanzielle Unterstützung überfordert gewesen war, besonders, weil ihr kein Mann zur Seite stand."

Kommentar: Dieser ehrliche Bericht, von einer Adoptivmutter für andere Adoptiveltern geschrieben, beleuchtet einige wichtige Punkte, die zum Teil in den früheren Abschnitten behandelt wurden. Darin wird deutlich, dass so etwas Wichtiges wie die Adoption nicht mit einer einmaligen Erklärung verständlich gemacht werden kann. Ihre Bedeutung kann nur nach und nach im Laufe der Jahre entfaltet werden. Das mag entmutigend klingen. Aber auch Gespräche über Sexualität, über den Tod oder über Gott sind meist nicht so einfach, wie oft behauptet wird. Es ist gleichzeitig beruhigend, dass Sie viele Gelegenheiten haben werden, Ihrem Kind die Adoption verständlich zu machen. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, wenn es die Tatsache der Adoption zu vergessen scheint oder wenn es zeitweise etwas verwirrt ist. Sie brauchen nicht alles auf einmal zu erklären, ja, Sie sollten dies nicht einmal.


 


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